Warum wir in Unternehmen dringend lernen müssen, Bedürfnisse zu erkennen (und was das mit unserer Amygdala zu tun hat)
Wenn du denkst, dass eine gute Führung in Unternehmen mit noch mehr Vorgaben, Kontrolle und Druck funktioniert, dann muss ich dich enttäuschen. Aus meiner täglichen Arbeit mit Führungskräften weiß ich: Dieser Ansatz gehört ins Museum – am besten gleich neben die Schreibmaschine und das Wählscheibentelefon.
Was Unternehmen und ihre Fühungskräfte heute wirklich brauchen, ist die Fähigkeit, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen wahrzunehmen. Und bevor du jetzt abwinkst und denkst, dafür bräuchte es hochtrabende Management-Workshops oder sündhaft teure Coachings – nein. Die gute Nachricht ist: Diese Fähigkeit steckt bereits in uns. Jeder von uns hat sie. Wir haben sie nur ein bisschen verlernt.
Viele Unternehmen sind heute noch stark hierarchisch organisiert – und das ist auch kein Drama. Im Gegenteil: Diese Form der hierarchischen Führung war über Jahrzehnte ein echtes Erfolgsmodell. Man darf also ruhig anerkennen, dass Hierarchie einmal seinen guten Zweck erfüllt hat. Nur: Was früher auf Druck und klaren Ansagen aufgebaut war, stößt heute zunehmend an seine Grenzen. Denn Druck funktioniert nicht mehr – zumindest nicht nachhaltig.
Ein kleiner Blick auf die Wortherkunft verrät übrigens schon einiges: „Manager“ enthält das Wort „Manege“ – und in der Manege geht’s um Dressur. Da wird sanft oder weniger sanft gelenkt und gesteuert. Genau diese Art von Führung – die klassische „Dressur“ – verliert jedoch heute ihre Wirkung. Die Führungskräfte der Zukunft brauchen ein neues Werkzeug: Bedürfnisorientierung.
Und damit meine ich nicht, dass wir unsere Mitarbeiter:innen künftig mit Samthandschuhen anfassen müssen. Aber wer motivieren, begeistern und gemeinsam Ziele erreichen will, muss verstehen, was Menschen antreibt.
Deshalb schauen wir bei unserer Arbeit genau dorthin: auf die Bedürfnisse hinter dem Verhalten. Auf die Währungen, die jedem Menschen wichtig sind. Und genau da liegt der Schlüssel für echte Begeisterung und nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Die vergessene Superkraft: Wahrnehmung
Unsere Amygdala – dieser kleine, unscheinbare Teil im Gehirn – hat uns früher das Leben gerettet. Sie ist der Filter für unsere Erfahrungen und hat Gefahren erkannt, bevor sie überhaupt richtig sichtbar waren. Diese feine Antenne für Stimmungen, Schwingungen und Bedürfnisse anderer haben wir alle. Wir alle sind von Natur aus kleine „Profiler“.
Nur heute sind wir so beschäftigt damit, auf unsere Handys zu starren, Social Media zu checken oder den eigenen Tagesplan zu optimieren, dass wir verlernt haben, diese Antennen bewusst zu nutzen. Dabei spüren wir sie immer noch: Dieses feine Gefühl, wenn du einen Raum betrittst und sofort merkst, ob dicke Luft herrscht oder gute Stimmung.
Bedürfnisorientierung kostet nichts – außer Aufmerksamkeit
Das Schöne ist: Bedürfnisse erkennen kostet kein Geld. Kein Zertifikat. Keine fünf Tage Teambuilding auf einer Almhütte. Es braucht nur eines: echtes Interesse am Menschen. Die Fähigkeit, den Fokus einmal weg von sich selbst und hin zum Gegenüber zu lenken.
In meinen Seminaren arbeite ich genau damit. Oft reicht eine simple Übung: Zuhören. Aktiv. Ohne dabei heimlich die nächste Antwort zu planen oder aufs Handy zu schielen. Hinhören, Hinsehen, Hinspüren.
Warum das in Unternehmen den Unterschied macht.
Was passiert, wenn wir anfangen, Bedürfnisse zu erkennen? Ganz einfach: Wir schaffen Beziehungen. Und Beziehungen sind das Rückgrat jeder erfolgreichen Organisation. Ohne echte Beziehungen wird kein Ziel erreicht, keine Innovation geboren und kein Team zusammenwachsen.
Und ja, dafür müssen wir manchmal den inneren Autopiloten ausschalten. Raus aus dem Überlebensmodus. Raus aus der Jagd nach Likes und schnellen Erfolgen. Wieder rein ins echte Miteinander.
Ein letzter Gedanke…
Ich sage in meinen Workshops: Wir haben alles, was wir brauchen, schon in uns. Es geht nicht darum, neue Tricks zu lernen. Es geht darum, alte Fähigkeiten wieder freizulegen. Die Fähigkeit, Menschen zu sehen. Nicht als Ressource, nicht als Kostenstelle, sondern als Partner am Weg zum gemeinsamen Erfolg.
Ganz sicher liegt genau darin die Zukunft guter Führung.
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